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2012-04-28 Lebenslaute

Das Netzwerk Lebenslaute plant für den 3. September 2012 eine große Musikaktion vor der Waffenfirma Heckler & Koch in Oberndorf bei Villingen-Schwenningen. Daher haben wir unsere Blockade als Probe für diese Aktion angelegt. Außerdem hatten wir allerdings auch Lieder und Chorsätze da, die sich auf das Wendland bezogen. Es war die zweite Blockade durch unser Netzwerk, das inzwischen sehr gut im Wendland verankert ist: die erste konnten wir im Oktober machen.

Den Freitagnachmittag nutzten wir zum Proben und zur Besprechung der Aktion. Mit ca. 20 Menschen waren wir etwas weniger als im Herbst, aber wir schafften es trotzdem, alle sechs Tore des Geländes zu besetzen. Es hieß früh aufstehen, denn der Wachwechsel zum Wochenende wird zwischen 8.00 Uhr und 8.30 Uhr erwartet. Also waren wir um 7.00 Uhr schon an Ort und Stelle. In solchen kleinen Gruppen zu 2-3 Personen war es natürlich nicht möglich, die Musik zu üben, die für größere Ensembles gedacht ist; aber Auszüge aus dem Chorsatz zum „Wendland-Lied“ hörte ich, von zwei jungen Frauen gesungen, nachher doch; der Chorsatz hatte sich geradezu zum Ohrwurm entwickelt. Eine Gruppe wurde geräumt, mit Personalienfeststellung und Videoaufnahmen seitens der Polizei, es ging aber alles sehr sanft vonstatten. Gegen Mittag war dann von der Bürgerinitiative eine große Kundgebung am Haupttor angekündigt, gefolgt von einer „kulturellen Umzingelung“, der wir uns anschlossen. Das von uns ausgesuchte Tor war, nachdem wir es am Morgen verlassen hatten, von einem Bulli der Polizei versperrt, die Musikgruppe setzte und stellte sich sehr eng dazu. Großen Anklang fanden alle Lieder und Chorsätze, die sich auf die Atomkraft und das Wendland bezogen. Die doch sehr feine und ziselierte Musik Händels, die auf unserem Programm für den September steht, hatte es da eher schwer, zumal mit der geringen Zahl an Mitwirkenden.

Wir hielten die Blockade bis in den Abend durch, bis der abendliche Wachwechsel vonstatten gegangen war. Ich war auf Bitten der Organisatorin vom frühen Abend ab am Tor 2, vor dem ebenfalls ein Polizeiwagen stand. Die Leute waren sehr dankbar, als wir uns einverstanden erklärten, Platz zu machen, um sie wegfahren zu lassen. Am Tor 6 dagegen gab es ein gewisses Handgemenge, als zwei Teilnehmerinnen versuchten, noch näher ans Tor zu kommen und die Polizei meinte, sie daran hindern zu müssen.

Bericht II

Wie der Wachschutz in einem Gefangenentransportauto der Polizei hin und herfuhr …

In den frühen Morgenstunden des Sonnabends am 28. Aprils 2012 ertönte vor den Toren der Endlagererkundungsbaustelle für Atommüll in Gorleben klassische Musik. Wieder hatten wir uns, einige Lebenlaute Musiker_innen, dort niedergelassen und blockierten munter frühstückend, singen und musizierend die 6 Tore, so dass der Wachschutzwechsel erst mal nicht ohne weiteres stattfinden konnte.

Unter Lebenslaute engagieren sich bundesweit Musiker_innen in einer offenen Musik- und Aktionsgruppe, die überwiegend klassische Musik gerade dort zum Klingen bringt, wo es nicht erwartet wird, so auch zum zweiten Mal im Rahmen von gorleben365 vor den Toren des irrsinnigen Enlagerprojektes in Gorleben. Zwar können ein paar Geigen, Bratschen, ein Fagott, eine Gitarre, eine Klarinette und ein Chor die jetzt sogar mit Stacheldraht versehenen Mauern dieses Projektes nicht einreißen, aber sie können dem Frust und der Ratlosigkeit, dass es nirgendwo auf dieser Erde einen sicheren Ort zur Endlagerung von Atommüll gibt, etwas Kreatives und Lebendiges entgegen setzen: Musik.

Um diese Musik möglichst schön zum Klingen zu bringen, trafen wir uns schon am Freitag in Dannenberg und probten Blockieren und klassische Stücke, die wir bei unserer diesjährigen antimilitaristischen Aktion gegen die irrsinnige Waffenproduktion Deutschlands symbolisch vor der Kleinwaffenfabrik Heckler und Koch am 3. September in Oberndorf aufführen werden.

Vor den Toren der Endlagerbaustelle Gorleben waren wir in Duos, Trios und Quartetten vertreten, ausreichend Aktive, um alle Tore zu blockieren. Weder Kälte noch Polizeiautos, schon gar nicht Polizist_innen konnten uns vom Blockieren und Musizieren abhalten. Wir draußen Musizierenden konnten beobachten, wie ein Gefangenentransportauto der Polizei drinnen mehrmals von Tor zu Tor entlang fuhr, offensichtlich nicht mit Gefangenen beladen, sondern mit Wachpersonal bestückt. Erst nach der Räumung eines Tores konnte dieses Wachschutzpersonal ins Freie.

Musizieren hält uns nicht nur bei Laune, es wird uns auch nicht so schnell langweilig und selbst die z.T. abfälligen, z.T. lobendenen Worte der Polizist_innen brachten uns nicht aus dem Takt.

Mittags probten wir in Gedelitz geschützt und gestärkt weiter und beteiligten uns am Nachmittag, nach der Kundgebung vor dem Haupttor, bei der kulturellen Umzingelung der Enlagererkundungsbaustelle mit einer weiteren Blockade vor Tor 6, wiederum singend und musizierend vor laufendem Polizeiauto und Polizist_innen.

Vor einem zum Teil entlang flanierenden, zum Teil geduldig lauschend oder selbst mitsingendem und herzhaft applaudierendem Publikum machte das Musizieren trotz des sandigen und staubigen heißen Ortes großen Spaß. Auch nach der kulturellen Umzingelung blieben wir in guter Tradition blockierend dort, die einen musizierten, andere genossen das schöne Wetter und den Sonnenschein und sammelten Kräfte für den Abend, manche mussten sich mit für uns nicht nachvollziehbaren Anschuldigungen von einzelnen Polizist_innen herumschlagen und versuchten klärende Worte zu finden.

Unser Chor und Orchesterlein schrumpfte zwar so nach und nach, denn einige mussten am Abend zurück zu Arbeit, Haus, Herd, Kind, Küche, Baum und Borke, Hausaufgaben oder was einem sonst auch noch so wichtig ist im Leben, es waren trotzdem ausreichend Leute da um den Wachschutz ein zweites Mal zu blockieren und zu einer zweiten Räumung zu zwingen. Der Wachschutz ging dieses Mal zu Fuß durch die Tore, auch eine innovative kreative Art zu reagieren auf unseren ausdauernden und kreativen politischen Protest. Ich selbst war mit meiner Bezugsgruppe allerdings auch schon wieder etwas wehmütig unterwegs heimwärts und verpasste diesen Augenschmaus.

Insgesamt war es für mich eine gelungene, spaßige, inspirierende und widerständige Aktion, die einlädt zu zahlreichen variierten Wiederholungen.

Sabine Albrecht

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